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Griechenland und das EU-Rettungspaket - Druckversion

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Griechenland und das EU-Rettungspaket - alexandros - 14.07.2011 11:25

Neulich habe ich folgende eMail erhalten - Betreff "Griechenland Rettung":

Zitat:Das EU - Rettungspaket

Es ist ein trüber Tag auf Rhodos. Es regnet und alle Straßen sind wie leergefegt. Die Zeiten sind schlecht, jeder hat Schulden und alle leben auf Pump.

An diesem Tag fährt ein reicher Deutscher durch Rhodos und hält bei einem kleinen Hotel. Er sagt dem Eigentümer, dass er gerne die Zimmer anschauen möchte um vielleicht eines für eine Übernachtung zu mieten und legt als Kaution einen 100 € Schein auf den Tresen…
  1. Der Eigentümer gibt ihm einige Schlüssel
  2. Als der Besucher die Treppe hinaufgegangen ist, nimmt der Hotelier den Geldschein, rennt zu seinem Nachbarn, dem Metzger, und bezahlt seine Schulden.
  3. Der Metzger nimmt die 100 € läuft die Straße hinunter und bezahlt den Bauern.
  4. Der Bauer nimmt die 100 € und bezahlt seine Rechnung bei der Genossenschaft.
  5. Der Mann dort nimmt den 100 € Schein, rennt zu seiner Kneipe und bezahlt dort seine offenen Rechnungen.
  6. Der Wirt schiebt den Schein zu einer an der Theke sitzenden Prostituierten, die auch harte Zeiten hinter sich hat und dem Wirt einige Gefälligkeiten auf Kredit gegeben hatte.
  7. Die Hure rennt zum Hotel und bezahlt ihre ausstehenden Zimmerrechnungen mit den 100 €.
  8. Der Hotelier legt den Schein wieder zurück auf den Tresen.
In diesem Moment kommt der Reisende die Treppe herunter, nimmt seinen Geldschein und meint, dass ihm keines der Zimmer gefällt - und verlässt Rhodos.

Niemand produzierte etwas. Niemand verdiente etwas. Alle Beteiligten sind ihre Schulden los und schauen mit großem Optimismus in die Zukunft.

So, nun wisst Ihr Bescheid - so einfach funktioniert das EU - Rettungspaket!


Kommentar von alexandros zur Geschichte:
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Auf den ersten Blick zwar eine nette Geschichte, wenn es denn wirklich so einfach wäre. Ja ja, und am Ende hat der Reisende wieder als einziger das Geld, und alle sind glücklich Pfeifen. Nur meine ich funktioniert das in der Realität nicht so einfach. Übertragen auf das EU-Rettungspaket hinkt die Geschichte.
  • was ist mit den Zinsen? Normalerweise müsste der Reisende statt 100 mindestens 120 EUR zurückbekommen.
  • Wie würde die Geschichte enden, wenn der Reisende nur 50 EUR auf den Tresen legt, und alle anderen haben aber jeweils 100 EUR Schulden?
  • Ein Mitarbeiter einer Genossenschaft darf nicht einfach das Geld aus der Kasse nehmen, um private Schulden zu begleichen.
  • Außerdem die 100 EUR vom Reisenden würden nie in die Hände eines Metzgers, Bauers usw. gelangen. Es kommt bei den "kleinen Leuten" nicht an, weil
  • in der Realität ein Gerichtsvollzieher sofort die 100 EUR vom Hotelier einkassieren würde, um Schuldzinsen des Hoteliers bei der Bank zu bezahlen. Ok, wäre der Banker Kunde bei der Hure, dann schliesst sich evtl. der Geldkreislauf wieder (voraussgesetzt die besagte Bank hat ihre Mitarbeiter zu einer besonderen Pool-Party eingeladen. Denn auch ein Banker darf nicht einfach so in den Tresor greifen, um private Schulden zu begleichen)
  • Sobald einer der Beteiligten die 100 EUR nicht in der beschriebenen Reihenfolge weitergibt, oder anderweitig verwendet, hätte der Hotelier ein Problem. Abgesehen vom Geldproblem auch noch ein mächtiges Imageproblem. Der Reisende würde wahrscheinlich toben, sein Hotel bei jeder Gelegenheit und in sämtlichen Bewertungsportalen negativ bewerten, über den Hotelier schimpfen, ihn als Betrüger hinstellen usw ...
  • Und eigentlich, wenn sich die Inselbewohner untereinander alle einig wären, dann braucht es keinen 100 EUR Schein, um das beschriebene Schuldenproblem "intern" zu lösen, solange es keine weiteren "externen" Schulden gibt. Gäbe es auf der Insel ein kluges Köpfchen, und das müßte nicht einmal in der Qualität eines Aristoteles oder Archimedes sein, dann wäre dieses einfache Schuldenproblem der Inselbewohner auch ohne diesen "reichen Deutschen" Reisenden längst anderweitig gelöst gewesen ...
  • Ein 100 EUR Schein ist letztendlich auch nur ein Stück Papier, wo was drauf steht. Nachdem dieser Schein sowieso wieder beim Hotelier ankommt, dann hätte es z.B. ein "Wechsel" ebenso gut getan.

Nachdem der Reisende wieder gegangen ist, wie soll die Geschichte weitergehen, wenn sich ansonsten nichts ändert? Etwa so: 1. Hure mietet ohne zu zahlen Zimmer im Hotel, um einem Wirt einige Gefälligkeiten auf Kredit zu geben usw... leben dann wieder alle auf Pump? Oder wie ist der Satz zu verstehen: "Alle Beteiligten sind ihre Schulden los und schauen mit großem Optimismus in die Zukunft"? Welche Zukunft soll das sein, wenn alle so weitermachen wie gewohnt, wenn niemand was produziert, und keiner was verdient, sich nichts ändert, kurzum nichts aus der Misere gelernt?

Noch dazu hat dem Reisenden keines der Hotelzimmer gefallen. Der kommt mit Sicherheit so schnell nicht wieder. Wenn das die Runde macht, dann wird auch wohl kein anderer Reisender kommen, um erneut "zu helfen". Da müsste der Hotelier schon sein Hotel vernünftig renovieren, oder mindestens die Zimmer gastfreundlicher gestalten (also etwas produzieren), damit wieder ein Reisender kommt, der dann die Leistungen des Hoteliers entsprechend honoriert. Der Hotelier würde sich die 100 EUR ehrlich verdienen können, ohne es dem Reisenden wieder zurückgeben zu müssen. Die Inselgemeinschaft hätte ein schönes neu renoviertes Hotel, was noch mehr Reisende anlockt, und nebenbei gäbe es mindestens immer einen 100 EUR Schein mehr, den die Bewohner bei Bedarf herumreichen könnten ...


unangeforderte mails - nomas - 14.07.2011 16:35

(14.07.2011 11:25)alexandros schrieb:  Neulich habe ich folgende eMail erhalten - Betreff "Griechenland Rettung":
...

bei mir trudeln jeden tag mehr als 100 spam-mails ein.
ich lese die aber nicht und ich veröffentliche sie auch nicht im internet.


RE: Griechenland und das EU-Rettungspaket - alexandros - 14.07.2011 19:38

@nomas: Ja, ich lese auch keine Texte, die uninteressant für mich sind. Was mich nicht interessiert, wird einfach ignoriert. Ich kommentiere auch keine mir unwichtigen Texte. Egal ob eMail oder in einem Forum. Nachdem Du auf meinen Text reagiert hast, war Dir mein Beitrag offensichtlich nicht ganz egal. Dafür danke ich Dir. Ich hoffe, Du hast nicht nur blind auf den ersten Satz reagiert, sondern auch alles bis zum Schluss gelesen.

Da mir die eMail-Geschichte (im übrigen von einem Freund erhalten, so gesehen keine echte Spam-Mail) ebensowenig egal war, habe ich mir erlaubt, mit eigenen Worten darauf Stellung zu nehmen. Alles was nicht als Zitat gekennzeichnet ist, sind meine eigenen Gedanken, die zum Nachdenken anregen sollen.

Öffentlich deswegen, weil zu befürchten ist, dass diese Geschichte bereits zig Mal im Umlauf ist, somit quasi ebenso Öffentlichkeitsstatus erlangt hat. Und da mir der Autor nicht bekannt ist, besteht nebenbei vielleicht so die klitzeklitzekleine Chance ihn über diesen Weg zu erreichen.

Ich denke nämlich, die Story sendet viel zu viele negative Impulse aus, vereinfacht die aktuelle Problematik und lädt fatalerweise geradezu zum sorglosen Faulsein, Nichtstun und Leistungsverzicht auf. Zitat: "Niemand produzierte etwas. Niemand verdient etwas. Alle Beteiligten sind ihre Schulden los und schauen mit großem Optimismus in die Zukunft." - Meine Frage darauf, was das für das eine Zukunft sein soll, wenn alles so bleibt wie es ist, wenn sich nichts ändert, ist ernst gemeint.

Ich finde, es fehlen in der Geschichte (und leider nicht nur da) die motivierenden Impulse. Dass es sich auch lohnen kann umzudenken, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden, loszulassen, in einer Gemeinschaft miteinander konstruktiv zu reden, gemeinsam etwas Neues anzupacken, Veränderungen wagen, Dinge besser machen, danach zu streben seine Lorbeeren selbst zu verdienen usw... All das kommt in der Geschichte leider nicht vor. Und darum war es ein Versuch, insbesondere mit meinem letzten Absatz auf Basis der Geschichte ein paar Denkanstösse in diese Richtung zu legen, verbunden mit der zarten Hoffnung, dass sie auf fruchtbaren Boden treffen ...


RE: Griechenland und das EU-Rettungspaket - Trix - 15.07.2011 06:17

Das Grundgerüst dieser Geldumlaufstory existiert seit Jahren. Natürlich nicht auf GR bezogen. Mir dünkt, dass sie in WiWi-Vorlesungen gern als anschauliches Beispiel genommen wird.


RE: Griechenland und das EU-Rettungspaket - nomas - 15.07.2011 09:39

(14.07.2011 19:38)alexandros schrieb:  @nomas: Ja, ich lese auch keine Texte, die uninteressant für mich sind. Was mich nicht interessiert, wird einfach ignoriert. Ich kommentiere auch keine mir unwichtigen Texte. Egal ob eMail oder in einem Forum. Nachdem Du auf meinen Text reagiert hast, war Dir mein Beitrag offensichtlich nicht ganz egal. Dafür danke ich Dir. Ich hoffe, Du hast nicht nur blind auf den ersten Satz reagiert, sondern auch alles bis zum Schluss gelesen.

erstmal: entschuldige meine grantige reaktion. natürlich ist das thema wichtig, aber ich gebe zu, daß wirtschaft nicht mein ding ist. sehr viele ungerechtigkeiten werden von interessenträgern als wirtschaftlich erforderlich hingestellt, sodaß ich mich zwangsläufig gegen die meisten wirtschaftsexperten stellen muß. ich kann gegen deren argumente auf der wirtschaftlichen ebene nichts ausrichten, dafür können diese experten gegen meine gerechtigkeitsargumente nichts ausrichten.
mir ist es letztlich egal, ob wir arm oder reich sind, hauptsache, es geht gerecht zu. doch daran hapert es überall, egal, ob krise oder wohlstand.

schlimmer noch, manchmal kommt mir der verdacht hoch, daß der wohlstand der einen vom elend der anderen abhängt. immerhin kann man - soviel habe ich schon mitgekriegt - viel geld damit verdienen, indem man darauf setzt, daß eine firma oder ein land finanziell den bach runtergeht. daß solche derivaten-händler, hedge-fonds, rating-agenturen und andere heuschrecken den ruin der betreffenden firma oder des betreffenden landes nicht nur herbeiwünschen, sondern auch herbeizuführen versuchen, ist wirtschaftlich dabei nur sinnvoll.
zusammenhänge wie dieser sind es, die in mir ekelgefühle aufkommen lassen, wenn die wirtschaft als höchstes gut geradezu vergöttert wird.

kompakt formuliert, heißt die entscheidende frage:
wem gebührt das primat? dem profit oder der politik?

leider ist es so, daß in allen westlich orientierten ländern die wirtschaft (der profit) die politik leitet und nicht umgekehrt, wie es m.e. sein sollte.

Zitat:Ich denke nämlich, die Story sendet viel zu viele negative Impulse aus, vereinfacht die aktuelle Problematik und lädt fatalerweise geradezu zum sorglosen Faulsein, Nichtstun und Leistungsverzicht auf. Zitat: "Niemand produzierte etwas. Niemand verdient etwas. Alle Beteiligten sind ihre Schulden los und schauen mit großem Optimismus in die Zukunft." - Meine Frage darauf, was das für das eine Zukunft sein soll, wenn alles so bleibt wie es ist, wenn sich nichts ändert, ist ernst gemeint.

die story ist dermaßen simplifizierend, daß auch nicht-experten kaum darauf hineinfallen werden.

Zitat:Ich finde, es fehlen in der Geschichte (und leider nicht nur da) die motivierenden Impulse. Dass es sich auch lohnen kann umzudenken, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden, loszulassen, in einer Gemeinschaft miteinander konstruktiv zu reden, gemeinsam etwas Neues anzupacken, Veränderungen wagen, Dinge besser machen, danach zu streben seine Lorbeeren selbst zu verdienen usw... All das kommt in der Geschichte leider nicht vor. Und darum war es ein Versuch, insbesondere mit meinem letzten Absatz auf Basis der Geschichte ein paar Denkanstösse in diese Richtung zu legen, verbunden mit der zarten Hoffnung, dass sie auf fruchtbaren Boden treffen ...

ich sehe all das, was du aufgezählt hast, als wohlgemeint und positiv an, aber historisch verbraucht. all das wird seit jahrhunderten ausgenutzt, um wohlmeinende, aber ahnungslose menschen für dinge einzuspannen, die sie nicht durchschauen. sei es nun ad maiorem gloriam dei, gegen die heiden, für volk und vaterland, für freedom and democracy oder, der letzte hit, für die menschenrechte.

diese werte sind ja immer wieder dermaßen hehr, daß das aktive töten unschuldiger dabei als kollateralschaden unter den tisch gekehrt werden kann und die mörder und folterer (bomberpiloten etc.) in den eigenen reihen nicht zur verantwortung gezogen werden müssen.

die leute, die ich in GR kenne, sind arm. es sind keine leute, die jemals über ihre verhältnisse gelebt haben, sondern solche, die sich ständig sorgen über den nächsten tag machen müssen. wenn ich nun mitkriege, daß diese meine leute sich pauschal als korrupte faulenzer beschimpfen lassen müssen - und das von den nachkommen jener, deren barbarische verbrechen in GR ungesühnt bleiben - dann kann ich nicht mehr lustig sein.
das ist kein vorwurf gegen dich oder sonst jemanden speziellen, sondern lediglich ein versuch, meine stimmung zu erklären.


RE: Griechenland und das EU-Rettungspaket - Alexandros Kalaikas - 22.07.2011 22:57

Lächerlich finde ich es mittlerweile auch schon das die ganze Geschichte mit Griechenland in den Dreck gezogen wird bzw. lächerlich gemacht wird.
Was ist mit den anderen verschuldeten Ländern?
Irland,Spanien,Portugal, um sie mal zu nennen ?
Nein , die sind ja ok aber bei den griechen ? Bei den kommt sowas :

http://www.youtube.com/watch?v=fi-cXkqXI-Y

Dodgy


über das verunglimpfen - nomas - 23.07.2011 09:16

(22.07.2011 22:57)Alexandros Kalaikas schrieb:  Lächerlich finde ich es mittlerweile auch schon das die ganze Geschichte mit Griechenland in den Dreck gezogen wird bzw. lächerlich gemacht wird.
Was ist mit den anderen verschuldeten Ländern?
Irland,Spanien,Portugal, um sie mal zu nennen ?
es spielt keine rolle, welches land verunglimpft wird; es ist in jedem fall ein zeichen geistiger unreife.
und insbesondere bei den deutschen verunglimpfern ist es angesichts ihrer eigenen geschichte sehr leicht, diese "liebenswürdigkeiten" zu parieren.

Zitat:Nein , die sind ja ok aber bei den griechen ? Bei den kommt sowas :
....
ich nehme an, das youtube-filmchen ist beleidigend. ich habe es mir nicht angesehen. (bilder lügen mehr als 1000 worte.)
und ich halte es nicht für sinnvoll, links zu beleidigenden youtube-clips weiterzuverbreiten.